Was haben Penicillin, die Post-it-Haftnotizen von 3M und die Mikrowelle gemeinsam? Alle drei sind Zufallsentdeckungen. Beim Ingenieur Percy Spencer war es ein geschmolzener Schokoriegel, als er vor einem Radargerät gearbeitet hatte, der zur Erfindung der Mikrowelle geführt hat. „Alexander Fleming entdeckte Penicillin 1928 durch Zufall, als er bemerkte, dass eine Schimmelpilzkultur seine Bakterienkulturen abgetötet hatte“, verrät mir ChatGPT. Den Haftnotizen bei 3M ging die Suche nach einem leicht lösbaren Klebstoff hervor, bevor Arthur Fry damit Lesezeichen an seinen Noten befestigte. Der Rest ist Geschichte.
Wieso ich das schreibe? Weil es sich mit unserer Vorgehensweise zur Einführung von KI im Unternehmen ähnlich verhält. Wir haben gar nicht danach gesucht und sie doch gefunden. Der eigentliche Anlass war es, Projektmanagement im Unternehmen zu etablieren und so stärker in der Umsetzung zu werden. Plötzlich ging es um Digitalisierung und KI.
Doch von vorne.
Wir werden von unseren Kunden unter anderem engagiert, um besser in der Umsetzung von Projekten zu werden. Dazu etablieren wir Strukturen und Standards vom Projektstart bis zum Abschluss, bauen PMOs auf, die Projekt-Portfolios steuern und beim Ressourcenmanagement unterstützen und bilden Auftraggeberinnen wie Projektleiter darin aus, wie sie vorgehen können, um ein Projekt ins Ziel zu bringen.
Digitalisierungs- und KI-Projekte im Fokus der Anwendung
Weil wir zu viele Projektmanagement-Handbücher in Schubladen schlummern haben sehen, haben wir ein Vorgehen entwickelt, das sofort auf die Anwendung in laufenden Projekten setzt. Was sich in diesen Projekten als hilfreich erweist, wird als Standard festgehalten, was nicht funktioniert, kommt in die Tonne. Eine Bande aus Komplizen aus verschiedenen Unternehmensbereichen und Hierarchieebenen sorgt dafür, dass die Projekte wie auch die Standards vorankommen. Wir begleiten diese Bande auf dem Weg, liefern Best Practice, klären Konflikte und kümmern uns darum, dass Hindernisse aus dem Weg geräumt werden.
Mit Künstlicher Intelligenz, mit KI hat das nur in sofern zu tun, dass sich die Menschen auch in Projekten fragen, wie KI helfen kann. Vor allem im Ressourcenmanagement gibt es da vielversprechende Ansätze wie auch in der Projektauswertung. Doch um die geht es mir hier gar nicht.
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Mir geht es um die eher zufällige Entdeckung, dass genau dieser Ansatz der Organisationsentwicklung mit Komplizen, Arbeit in und an echten Projekten und iterativem Vorgehen immer mehr für Projekte der Digitalisierung und eben auch der Einführung von KI genutzt wird. Quasi nebenbei steht die Künstliche Intelligenz auf der Agenda, weil eben diese Projekte als Pilotprojekte auf der Agenda standen.
„Welche Projekte sollen wir nutzen, um die Anwendung von Projektmanagement-Elementen zu erproben?“ Die Antwort auf diese Frage ist immer öfter eine Liste von Digitalisierungs- und KI-Projekten. Womit diese Projekte mehr Support und Aufmerksamkeit bekommen, strukturierter bearbeitet werden, folglich besser vorankommen und so ein entsprechendes Projekt nach dem anderen gut ins Ziel kommt.
Wenn also viele KI-Projekte auf der Liste stehen gibt es am Ende viele erfolgreiche KI-Projekte.
Die Erkenntnisse daraus haben wir aufgegriffen und daraus eine Standard-Vorgehensweise zur (sinnvollen und) strukturierten Einführung von KI im Unternehmen entwickelt. Unsere Erkenntnisse:
Auftakt: Den Anfang machen Komplizen
Wer die Einführung von KI starten will, braucht echte Komplizen: Menschen die Bock auf das Thema haben, die sich dafür interessieren, die Motivation mitbringen – und die sich vielleicht nicht zu 100% an jede Regel halten, die es gibt. Diese Komplizen gewinnen wir, indem wir Einzelgespräche mit interessanten Menschen im Unternehmen führen. Wir suchen nach laufenden KI-Aktivitäten, spannenden Ansätzen und den Menschen dahinter..
Die Menschen, die wir auf diesem Weg finden, und bei denen wir eine hohe Eigenmotivation spüren, laden wir zu einem Auftaktworkshop ein. In diesem Workshop schaffen wir ein gemeinsames Bild des Status Quo und entwickeln ein Zielbild, wohin sich das Unternehmen in Sachen KI entwickeln könnte. Vor allem, welche Nutzenfelder Sinn machen, versuchen wir so gut wie möglich zu klären. Und wir strukturieren das weitere Vorgehen, entwerfen eine erste Roadmap, um KI zielgerichtet für unsere Organisation zu nutzen.
Basis dafür sind die Vorhaben, die bereits laufen ergänzt um Arbeitspakete in Unternehmensbereichen, in denen bisher noch keine Themen angepackt wurden, die uns aber wichtig sind. Ein schlüssiges Portfolio an Experimenten ist uns wichtig. Wohl wissend, dass sich diese Zusammenstellung im Lauf der Zeit weiterentwickeln wird und soll. Wir brauchen eine gemeinsame Basis für die weiteren Schritte.
Phase 1: Know-how beschaffen, Möglichkeitsraum aufbauen
Ist der Rahmen abgesteckt und die Bande arbeitsfähig, gilt es Know-how zu beschaffen, um überhaupt erahnen zu können, welche Möglichkeiten es gibt. „Den Möglichkeitsraum aufbauen“, nennen wir das. Es gilt möglichst gut zu erkennen, wo Chancen liegen.
Das Know-how dafür kommt von denen, die sich schon damit beschäftigt haben. Wir nutzen vielfältige Quellen, wie Blog-Posts, Newsletter, externe KI-Experten. Vielfältig sollten die Quellen deshalb sein, damit ein breites Bild entsteht, welche Ansätze möglich sind und in welcher Form sie ausgestaltet werden könnten. Die unterschiedlichen Perspektiven der Fachbereiche sollten sich darin wiederfinden.
Sowohl aus den externen Inputs wie auch aus dem, was im Unternehmen bereits läuft, lassen wir einen Pool an Möglichkeiten entstehen, unser Backlog für alles, was folgt. Erwartungsgemäß ist die Anzahl der Möglichkeiten stets größer als die verfügbaren Ressourcen. Welches Thema aus dem Backlog könnte eine große Wirkung in Richtung der Ziele haben – und was ist für uns verhältnismäßig leicht umzusetzen?
Die Maßnahmen, die in beiden Dimensionen viele Punkte bekommen, erhalten Priorität. Wir starten mit diesen Themen in die Umsetzung.
Phase 2: Experimentieren und Lernen
Wie findet man geschickt heraus, was für das eigene Unternehmen gut funktioniert? Indem man gut definierte Experimente macht und damit echtes Feedback beschafft. Echt bedeutet echt: keine Konzepte, keine Umfragen. Echtes Feedback kommt von echten Anwenden, echten Kunden, echten Behörden, weil wir echt – wenn auch in begrenztem Rahmen – umsetzen. Etwa ein neues Angebot für ein kleine Auswahl unserer Zielgruppe. Oder ein Minimum Viable Product für eine begrenzte Region.
Ein gut entworfenes Experiment hält das Risiko im Rahmen des Machbaren und geht gleichzeitig weit genug, dass dadurch wertvolle Erkenntnisse entstehen. Für jedes der priorisierten Themen wird ein entsprechendes Experiment entworfen.
Beim Design dieser Experimente geht es mehr darum, sich über das konkrete Vorgehen Gedanken zu machen, welche Schritte zu gehen sind. Die fachliche Lösung bleibt außen vor, schließlich ist sie noch unbekannt. Diese fachliche Lösung soll ja im Lauf des Experiments gefunden werden.
Aus der KI-Bande gibt es immer einen Vertreter, der für die Umsetzung eines Experiments verantwortlich zeichnet. Für die Umsetzung im entsprechenden Fachbereich.
Motor für die Komplizen und die KI-Initiative
Einmal im Monat trifft sich die Bande, um das Feedback und die Erfahrung aus den Experimenten zusammenzutragen. Auf Basis dieser Praxisberichte entscheiden die Komplizen gemeinsam, welches Themenfeld zu einem echten Projekt ausgebaut wird, welches Thema vielleicht noch Unterstützung braucht und welche Experimente eingestellt werden, weil sie nicht den erwarteten Nutzen bringen. Wo sich Lücken im Portfolio auftun, werden neue Experimente aus dem Backlog auf den Weg gebracht.
Dieses Vorgehen sorgt dafür, dass das ganze Unternehmen schnell lernt und das im Idealfall gemeinsam mit Kunden und Lieferanten. Die werden bei den Experimenten gezielt mit eingebunden. Sie werden schließlich später auch gebraucht, damit die neuen Prozesse auf stabilen Beinen stehen.
Wer schneller lernen will, kann den Takt der Meetings enger ziehen. Weniger als zwei Wochen zwischen den KI-Workshops machen allerdings keinen Sinn, da zwischen den Treffen echte Praxiserfahrung entstehen muss. Unter zwei Wochen ist der Zugewinn an Erfahrung selbst bei Vollzeit-Experimenten zu gering, als dass sich daraus echte Entwicklung ergeben könnte.
Gelingt automatisch: Die Kommunikation ins Unternehmen
Der Vorteil dieses Ansatzes: Die Kommunikation ins Unternehmen läuft fast von selbst. Mit ihren Experimenten tragen die Komplizen das Thema KI in jeden wichtigen Unternehmensbereich. Unter der Überschrift „Experimentieren & Lernen“ nehmen die Aktivitäten den Schrecken, schließlich bedeutet das, dass Fehler erlaubt – gar erwünscht sind. Ebenso wie Neugierde und offene Fragen.
Eine zweite Botschaft geht damit auch einher: „Wir sind in einer aktiven Position!“ Die Menschen spüren und erleben, dass sie selbstwirksam sind, dass das Unternehmen die Dinge anpackt.
Das nimmt Ängste, die angesichts der Dystrophien die im Zusammenhang mit KI kursieren. Zu wissen, dass man selbst mitgestalten kann, gibt Sicherheit. Die Komplizen sind in diesem Setting keine anonyme Anlaufstelle, sondern Kolleginnen und Kollegen, die man auch mal bei einer Tasse Kaffee oder beim Mittagstisch ansprechen kann. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass nachgefragt wird, dass Gespräche entstehen.
Wird dieser Dialog um zentrale Kommunikationsmaßnahmen ergänzt, hat die KI-Initiative eine große Chance, Akzeptanz und Unterstützung auf breiter Front zu bekommen. Angesichts der zu erwartenden Veränderungen mit Sicherheit keine Selbstverständlichkeit.
Portfolio und damit Intensität im Blick
Ein weiterer Vorteil dieser Vorgehensweise ist es, dass die Bande selbst die Intensität der Maßnahmen steuern kann. Voraussetzung ist ein enger Dialog der Komplizen und ein guter Überblick über die einzelnen Handlungsstränge und deren Fortschritte.
Diese Skalierbarkeit ist wichtig, um das Unternehmen nicht durch die Initiative zu überfordern und um auf Widerstände reagieren zu können. Widerstände übrigens sind wichtig. Wenn Sie keinen Widerstand spüren, wenn Sie nirgendwo Ärger bekommen, dann verändern Sie nichts. Erst wo Widerstand auftritt, ist echte Veränderung im Gang.
Phase 3: Den Nutzen auf Dauer und in der Breite holen
Die Experimente zeigen, wo KI echten Mehrwert bringt. Die Experimente, die zeigen, dass in einem Bereich Nutzen durch KI geschaffen werden kann, sind der Ausgangspunkt für konkrete Projekte. Deren Ziel ist es dann, die Erkenntnisse aus einem gelungenen Experiment auf Dauer im Unternehmen zu verankern.
Jetzt wird die Sache konkret. Jetzt werden die Erkenntnisse verwertet. Jetzt entstehen neue Geschäftsmodelle nicht mehr nur im kleinen und begrenzt, sondern in der Breite. Jetzt wird für alle sicht- und spürbar, wie die Zukunft gestaltet werden wird.
Die Bande wird in dieser Phase zum Portfolio-Gremium für die verschiedenen KI-Projekte, die entstehen. Wobei es auf mittlere Sicht sehr viel Sinn macht, spätestens jetzt die Brücke zum PMO und der Projekt-Portfolio-Steuerung des Unternehmens zu bauen und die Projekte in deren Obhut zu übergeben. Falls nicht jemand aus dem PMO bereits Teil der Bande ist. Was sicherlich ein kluger Schachzug wäre.
Wie kann ich als Unternehmenslenker die KI-Initiative auf den Weg bringen?
Jede Bande braucht einen Anführer. Suchen Sie diesen Anführer Ihrer Bande und geben Sie ihm ein klares Mandat! Geben Sie ihm mit, was Sie von dieser KI-Initiative erwarten und welche Rahmenbedingungen gelten.
Sorgen Sie dann dafür, dass das ganze Unternehmen und vor allem „das Management“ von dieser Initiative weiß – und werben Sie um Unterstützung auf allen Ebenen. Helfen Sie, falls Budgets oder Kapazität knapp werden.
Dann treten Sie zur Seite und lassen den Anführer ans Werk gehen. Er soll Ihnen regelmäßig berichten und das weitere Vorgehen mit Ihnen besprechen. So behalten Sie die Hand auf der Einführung von KI, sorgen dafür, die Ergebnisse zu Ihrer Strategie passen und erfahren frühzeitig, wo Sie eingreifen müssen oder wollen. Als professioneller Sponsor verschaffen Sie so der Bande und Ihrer KI-Initiative ein solides Fundament.
Wie kann ich als Mitarbeiter eine KI-Initiative lostreten?
Übernehmen Sie die Rolle des Anführers und gründen Sie eine Bande! Und gewinnen Sie jemand aus der Unternehmensleitung als Komplizen.
Sie wissen ja: Mit klug geführten Projekten ist mehr möglich, als man ahnt. Und mit Projekten gestaltet Sie Ihre Zukunft.
Bei Fragen: fragen!
Ihr
Holger Zimmermann
Inhaber & Geschäftsführer Projektmensch