Warum vollständig planen so wichtig ist. Der Teamleiter als Dreh- und Angelpunkt im Ressourcenmanagement.
Ein Gastbeitrag von Johann Strasser, The Project Group
Ressourcenmanagement zählt nicht umsonst zur „Königsdisziplin“. Personalressourcen sind bei den meisten Unternehmen knapp und die Nachfrage in den Projekten entsprechend hoch. Aber auch bei der Planung von Portfolios sind Auslastungs- und Skill-Übersichten unerlässlich. Leider erweist sich die Einführung von Ressourcenmanagement oft als langwierig und holprig. In der Praxis bedeutet das immer wieder: Erst die Projekte, dann die Ressourcen. Im folgenden Artikel erfahren Sie, warum dieser Ansatz problematisch ist und wie Sie die Auslastung aller Teams und deren Mitglieder dauerhaft und optimal steuern.
Dazu brauchen Sie:
- eine geeignete Organisation,
- individuelle Prozesse und
- Methoden sowie passende Werkzeuge.
Die gute Nachricht: Mit der richtigen Herangehensweise lässt sich eine vollständige und aktuelle Übersicht aller Teammitglieder und Aufgaben aufbauen. Das hilft die Einplanung zu optimieren, auftretende Konflikte rechtzeitig zu erkennen und auch schnell zielgerichtet zu lösen.
Die Hemmschwelle gegenüber Ressourcenmanagement
Die meisten Unternehmen behandeln Ressourcenmanagement beim Einführen von Projekt- und Portfoliomanagement (PM / PPM) als Hauptziel oder mindestens als wichtiges Teilziel. Üblicherweise fokussieren sie sich dabei aber erst auf die PM-Methoden, -Prozesse und -Tools für die Projektleiter. Auf das Ressourcenmanagement gehen Unternehmen oft erst in späteren Schritten ein. Das liegt daran, dass sie es als schwierig einstufen und sie doch – zumindest theoretisch – vorher eine gute Projektplanung als Basis brauchen.
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Ressourcenplanung wird oft auch deshalb als kompliziert empfunden,
- weil Projektleiter selbst oft nicht so genau planen können, wann genau wer im Projekt wirklich gebraucht wird und
- die Verfügbarkeit vor allem von internen Mitarbeitern meist unabsehbar ist.
Was Sie brauchen: Vollständigkeit in der Ressourcenplanung
Die wesentliche Frage lautet immer wieder gleich: Wer kann wann mit welcher Verfügbarkeit in welchem Projekt eingesetzt werden? Die Antwort können Sie aber nur dann treffend geben, wenn Sie wirklich alle Aktivitäten aller Personen und Teams kennen. Leider setzen aber manche Projektleiter zwar Ihre Ressourcen ein, verplanen diese aber überhaupt nicht oder nicht im richtigen Tool. Und manche Teamleiter unternehmen alles, dass niemand Einblick auf ihre internen Tätigkeiten bekommt. So können Sie möglichst ungestört und ruhig auf ihrer Insel weiterleben.
Aussagen über Verfügbarkeiten von Personen auf einer nicht vollständigen Informationsbasis münden früher oder später automatisch |
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Um also wirklich zuverlässige Aussagen treffen zu können, müssen die Teamleiter alle Aktivitäten aller Personen und Teams kennen. Dazu müssen in jedem Falle alle Teammitglieder in ihrer Ressourcenübersicht enthalten sein, genauso wie Abwesenheiten, alle Projekte und Linientätigkeiten. In der Regel arbeiten Teamleiter in diesem Fall mit Excel. Das können sie selbst bewerkstelligen und es bietet oft eine gute Datenbasis seitens der Teams.
Ressourcenauslastung – nur so genau wie nötig
Nicht ganz so klar ist es bei der Genauigkeit der Ressourcenauslastung. Sie muss sinnvollen Anforderungen dienen und mit Blick auf die Vollständigkeit jedenfalls dauerhaft erreichbar sein. Die Genauigkeit betrifft in erster Linie den Detaillierungsgrad der Aktivitäten, aber auch die Aktualität der Ressourcenplanung insgesamt.
Je genauer und häufiger geplant wird, desto aufwändiger ist es.
Wenn Sie mit dem Ansatz starten, dass täglich genauer und besser geplant ist, besteht die Gefahr, dass Sie diesen Planungsaufwand eventuell nicht leisten können bzw. wollen. Deshalb stellt sich die Frage: Ist es für Sie wirklich sinnvoll von jeder Ressource täglich auf Stundenbasis zu wissen, woran gearbeitet wird? Oder ist eine Planung auf Wochen bzw. Monaten auf Projektebenen bzw. Arbeitspaketen ausreichend?
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Diese Kriterien könnten Ihnen bei der Entscheidung weiterhelfen:
- Wesentliche Faktoren, die bei der Entscheidung über die Genauigkeit der Ressourcenplanung eine Rolle spielen:
- die Anzahl der Ressourcen und Projekte
- die Dauer der Projekte
- die Aufwände in den Projekten
- die Komplexität der Terminpläne selbst
- wechselnde Einsatzorte
- Die Perspektive, aus der Sie auf die Ressourcenauslastung blicken:
- Projektleiter (braucht die Ressourcen pro Vorgang im Projekt, pro Woche oder Monat)
- Teamleiter (braucht die Abwesenheiten, Linientätigkeiten, Projekte seiner Teammitglieder pro Woche oder Monat)
- Abteilungsleiter (braucht die Skills der Teams über alle Projekte und Teamaktivitäten pro Monat)
- Portfoliomanager (braucht die Skills aus allen Abteilungen über alle Projekte pro Monat)
- Die Art der Projekte in Ihrem Portfolio. So stellen
- z.B. IT-Kleinprojekte,
- die Entwicklung von Fahrzeugkomponenten,
- die Entwicklung von pharmazeutischen Produkten und dem Anlagenbau
völlig unterschiedliche Anforderungen an die Genauigkeit der Planung.
Letztendlich gilt es, die nutzbringende und leistbare Granularität der Ressourcenplanung für Ihren Anwendungsfall herauszufinden. Die Prämisse im Ressourcenmanagement ist aber immer die gleiche:
Besser vollständig und etwas ungenau, als ganz genau aber unvollständig planen.
Für Teamleiter in einer Matrixorganisation ist es meist ausreichend auf Projektebene zu wissen, wer in welchem Monat wie viele Stunden arbeiten soll. Die Details dazu kann der Projektleiter auf Vorgangsebene in seinem Projektplan so genau wie nötig planen.
So steigen Sie am besten ein mit der Ressourcenplanung
Fangen Sie also mit geringstmöglichem Aufwand an, Vollständigkeit herzustellen. Und dann detaillieren Sie je nach Erfahrung, wie es für Ihre Situation nötig ist. Der umgekehrte Weg ist meist doppelt schmerzhaft – Sie haben viel zu lange viel zu viel investiert und am Ende ist doch keiner zufrieden. Außerdem sollten Sie sich damit anfreunden, dass dieses Thema ohnehin nicht immer hundertprozentig genau sein kann. Mitarbeiter werden ohne Vorhersage krank, ungeplante Supportfälle, wichtige Presales-Aktivitäten und anderes beeinflussen die Einplanung der Ressourcen ohnehin täglich.
Planen Sie Ihre Ressourcen über die Teamleiter
Meist erfolgt die Einführung von Ressourcenmanagement im Rahmen des Projekt- und Portfoliomanagements. Sind die Projekte geplant, lässt sich daraus die Ressourcenauslastung ablesen. Das Problem: sind die Projekte nicht vollständig geplant und die tatsächliche Kapazität der Mitarbeiter nicht berücksichtigt, sind die Angaben zur Ressourcenauslastung schlichtweg falsch. Abzuwarten, bis wirklich alle Projekte geplant wurden, ist allerdings nicht zielführend. Die Erfahrung zeigt, dass es über ein Jahr dauern kann, bis fünfzig Projektleiter ihre hundert Projekte so eingegeben haben, dass sie für das Ressourcenmanagement verwendbar sind. Außerdem ist die Qualität der Ressourcenplanung zwischen den Projektleitern meist recht unterschiedlich und zeitlich stark schwankend. Je nachdem wie viel Zeit für die Planung investiert werden konnte oder wollte.
Und selbst wenn alle Projektleiter ihre Planung so gut wie vereinbart und regelmäßig abliefern: Dann haben Sie in der Ressourcenauslastung gegenüber der Kapazität immer noch die Lücke der nicht projektbezogenen Tätigkeiten (Linientätigkeiten). Naturgemäß können diese nicht von Projektleitern geplant werden. Diese Lücke wird in der Praxis oft einfach geschlossen, indem man statt der vollen Kapazität eine um Erfahrungswerte für Linientätigkeiten bzw. Grundlasten verringerte Verfügbarkeit für Projekte im Ressourcenpool pflegt. Zum Beispiel werden also statt hundert Prozent der Stunden, die dem Arbeitsvertrag entsprechen, nur achtzig Prozent angesetzt.
Das beste beider Welten: Projekte mit vollständiger Teamplanung
Die oben aufgezeigte Herangehensweise der pauschalen Reduktion der Verfügbarkeit ist einfach. Sie ist pragmatisch und für manche Organisationen oder Unternehmen auch ausreichend. Was aber, wenn in Konfliktfällen die geschätzte Projektverfügbarkeit einzelner Personen infrage gestellt wird? Und wie wird die echte Projektverfügbarkeit der realen Erfahrung entsprechend nachgeführt? Wäre es nicht doch besser, neben den Aufgaben aus den Projekten auch die Abwesenheiten und Linientätigkeiten in einer vollständigen Übersicht vorzufinden? Dann ließen sich alle Fragen zur Projektverfügbarkeit fundiert beantworten statt nur schätzen.
Dazu ist es allerdings erforderlich, dass nicht nur Projektleiter mit dem PPM-System arbeiten. Auch Teamleiter müssen auf der Basis desselben Ressourcenpools ihre eigene Planung in ihrem eigenen, mit dem PPM-System verbundenen Tool, erstellen können.
Die Teamplanung besteht dabei aus
- Abwesenheiten,
- allgemeinen und individuellen Linientätigkeiten sowie
- Projektzusicherungen.
Keine Sorge, es geht hier nicht darum, Projekte nun doppelt zu planen. Es geht im Rahmen der Zusicherung lediglich um die Verteilung der tatsächlich verfügbaren Ressourcen entsprechend den aus der Projektplanung gestellten Anfragen. Dies findet in der Regel auf Projektebene, Person und Woche oder Monat statt. Details innerhalb von Projekten werden von den Teamleitern nicht geplant. Das bleibt weiter die Hoheit der Projektleiter. Diese können sich so aber besser darauf verlassen, welche Ressourcen sie tatsächlich wann und in welchem Umfang zur Verfügung haben. Letztlich müssen sowohl Projektleiter, als auch Teamleiter in der Lage sein, transparent über die Ressourcenanfragen und Zusicherungen verhandeln zu können. So lassen sich Konflikte vermeiden oder akzeptabel lösen.
Auf jeden Fall brauchen Projektleiter als auch Teamleiter dazu ihren eigenen Datenbestand, mit dem sie technisch unabhängig voneinander arbeiten und simulieren, aber mit der Projektplanung vergleichen können. Wie sollen sie sonst mit Verschiebungen von Projekten umgehen, wenn die Ressourcenplanung nur in den Projekten gepflegt wird, die vereinbarte Zusicherung der Ressourcen aber nicht dokumentiert wurde?
Klar im Vorteil: Starten Sie mit der Ressourcenplanung bei den Teamleitern
Die meisten Teamleiter haben gemäß ihrer Stellenbeschreibung ohnehin die Pflicht, die Auslastung ihres Teams zu planen und zu steuern. Damit sind sie gegenüber ihren vorgesetzten Abteilungsleitern aussagefähig. Warum also nicht das Paradigma wechseln und in das Thema Ressourcenplanung erst mit den Teamleitern einsteigen statt mit den Projektleitern?
Teamleiter haben ein großes Eigeninteresse ihre Ressourcenplanung im Griff zu haben. Sie sind in der Regel länger in ihrer Position als Projektleiter. Daher haben sie auch bessere Voraussetzungen das System zu stabilisieren.
Die Vollständigkeit der Ressourcenübersicht können und müssen Teamleiter auch schneller erstellen. Deren Vorgesetzte werden nicht hören wollen, dass die gute Auslastung der Mitarbeiter deswegen nicht gut sichtbar ist, weil die Projektleiter mal wieder nicht alle Projekte gepflegt haben.
Warum Teamleiter ein eigenes Tool nutzen sollten
Teamleiter sollten im Idealfall ein eigenes Tool nutzen. In dieses laden sie die vorhandenen Ressourcenanfragen aus den Projekten – aggregiert als Einzeiler – in ihre eigene Übersicht. Dazu geben sie dann ihre eigenen Zusicherungen ein.
Im PPM-System fehlende aber bereits bekannte Einplanungen ihrer Teammitglieder ergänzen die Teamleiter dann auf Projektebene selbst in ihrer eigenen Übersicht. So müssen sie nicht auf den letzten Projektleiter und dessen Zulieferung warten. Damit sind sie verbunden und doch weitestgehend unabhängig. In kürzester Zeit können die Teamleiter so trotzdem die geforderte vollständige Übersicht erstellen.
Als Teamleiter können Sie bei der Einführung von Ressourcenmanagement so nicht nur einen hervorragenden Quick Win in Form von einer 100%igen Auslastungsübersicht liefern. Sie können auch dauerhaft das gute Gefühl vermitteln, immer die Kontrolle über alle Ressourceneinsätze zu haben. Natürlich kommt nun das Argument der Genauigkeit. Die fehlt, wenn die Planung von Projekten von Teamleitern einzeilig pro Monat ohne detaillierte Aufgaben an den jeweiligen Ressourcen ergänzt wird. Stimmt, aber für die Übersicht des Teammanagers reicht es trotzdem. Denn es ist wichtiger, wie oben schon festgestellt, von allen Mitarbeitern zumindest grob zu wissen, an welchen Projekten derzeit gearbeitet wird bzw. demnächst gearbeitet werden soll, als Lücken zu lassen. Mit diesen Lücken haben Sie nämlich ganz sicher eine falsche, weil unvollständige Übersicht. Außerdem ist es ja nur eine vorübergehende Ungenauigkeit.
Machen Sie als Teamleiter künftig doch die Ressourcenvergabe an Projekte nicht nur abhängig von der Priorität, sondern auch von der Planungsqualität. Bei diesem Vorgehen ist davon auszugehen, dass sich die meisten Projektleiter anstrengen werden, besser zu planen. Denn sie werden hoffen, besser mit Ressourcenzusicherungen versorgt zu werden. Weitere Ergänzungen zum Thema Prozesse, Priorisierung, strategische und taktische Ressourcenplanung finden Sie in dem Fachartikel „Wie Sie Ressourcenkonflikte reduzieren“.
Ressourcenmanagement einführen – Fazit
In diesem Artikel haben Sie erfahren, warum:
- viele Unternehmen Ressourcenmanagement als kompliziert empfinden,
- eine vollständige Planung wesentlich für Ihren Erfolg ist und
- deshalb das Ressourcenmanagement in die Hände der Teamleiter gehört.
Außerdem haben Sie wertvolle Tipps erhalten,
- wie Sie den Grad der Genauigkeit in der Ressourcenplanung festlegen,
- welche Faktoren zu einer vollständigen Ressourcenplanung gehören, und
- wie Team- und Projektleiter optimal zusammenarbeiten.
Vielen Dank für diese tolle Erklärung. Es steckt sehr viel Aufwand dahinter. Ich konnte dank, diesem Beitrag sehr viel neues lernen und mein Wissen erweitern.
Es ist ziemlich konkurrenzfähig, die Ressourcen durch Teamleiter zu planen, wenn das Unternehmen klein ist (5-10 Personen) und Sie die Führung übernehmen und die volle Verantwortung übernehmen 🙂