In den meisten Verwaltungen landauf und landab ist es eines der Top-Themen derzeit: die Haushaltskonsolidierung. Es gilt zu sparen, was das Zeug hält. Und genau darin liegt die größte Gefahr, denn wo ziel- und planlos gespart wird, steht die Zukunftsfähigkeit einer Kommune auf dem Spiel. Sinnvolles Sparen erfordert Ziele und Zukunftsbilder. Nur wer weiß, wofür seine Stadt stehen soll, kann sinnvolle Einsparungen von unsinnigen unterscheiden. Damit gibt man einem Ort Profil. Angesichts der Bevölkerungsentwicklung ein wichtiges Anliegen, um nicht in der Masse der gleichen Städte unterzugehen. Wie aber bringt man Gremien, Verwaltung, Bürger und Verwaltungsspitze unter einen Hut?
Erst die Ziele, dann die Maßnahmen
Sobald das Thema „Sparen“ auf den Tisch kommt, beginnt in den Reihen der Räte ein ganz einfaches Spiel: jeder hat seine Vorstellung, auf was man verzichten könnte, und reicht diese Idee als Antrag ein. Das Gremium soll dann über diese Anträge entscheiden und im Zweifelsfall wird der politische Kontrahent dafür verantwortlich gemacht, dass es eben nicht so gut gelaufen ist. Dieses Vorgehen ist weder sinnvoll noch zielführend. Es dient lediglich der kurzfristigen politischen Profilierung bei der vermeintlich eigenen Wählerschaft.
Ein ganz anderes Vorgehen wäre allerdings Pflicht der Ratsmitglieder, die sich dem Gesamtwohl einer Kommune verpflichtet haben: im ersten Schritt muss ein (politischer) Konsens darüber her, was die Stadt in Zukunft darstellen und wie sie sein soll. Handelt es sich um eine Familienstadt, eine Industriestadt, eine Schlafstadt, um eine Handelsstadt oder eine Stadt mit ganz anderem Profil? Und was bedeutet das im Detail? Auf Basis des Status Quo, greifbarer Chancen und wahrscheinlicher Risiken, sowie vorhandener Stärken und Schwächen kann man ein solches Bild der Zukunft greifbar machen. Dazu muss der Rat sich von der typischen Vorgehensweise (Anträge stellen) lösen, die Ratsmitglieder müssen an einen Tisch.
Bereits in einer solchen frühen Phase macht es Sinn, die Meinung der Bürger zu integrieren. Das liefert eine zusätzliche Sichtweise, wodurch die Ergebnisse besser werden, und hilft gleichzeitig, die Stimmung besser zu spüren und (parteipolitisch) neutrale Mitstreiter für die Sache zu gewinnen. Dabei muss es nicht immer die Bürgerbeteiligung in Form von Veranstaltungen sein, auch virtuelle Beteiligungen mittels Webplattform sind denkbar. Allerdings kommt man nicht umhin, einzelne Bürger speziell auf deren Know-how und Unterstützung anzusprechen.
Hat man sich auf ein Leitbild geeinigt, gilt es aus diesem Leitbild Kriterien abzuleiten, die als Entscheidungshilfe bei der Maßnahmenauswahl dienen. Anhand dieser Kriterien können nun auch die Anträge der Fraktionen bewertet werden. Wobei man die Hoffnung haben darf, dass es mehr Vorschläge für Einsparungen gibt, als nur die aus den politischen Reihen. Klar muss sein, dass es bei den Einsparungen nicht um kurzfristige Mittelkürzungen gehen darf, sondern um eine langfristig sinnvolle Anpassung der Strukturen gehen muss. Einnahmen und Ausgaben müssen auf mehrere Jahre hinaus die Chance haben, im Lot zu sein.
Projektstruktur: Mehr als nur politische Entscheidungen
Im Vordergrund einer Haushaltsk0nsolidierung steht meist der politische Wille der Gremien. Ich kenne das aus verschiedenen Perspektiven: zum einen weil ich selbst Teil eines solchen Gremiums bin und in verschiedensten bürgerschaftlichen Projekten aktiv, zum anderen weil ich sowohl Verwaltungen in Sachen Projektmanagement sowie Politiker und deren Teams begleite. Durch ein auf den politischen Willen konzentriertes Vorgehen nutzt man nur einen einzelnen Stellhebel möglicher Strukturänderungen. Um das Projekt „Haushaltskonsolidierung“ in Summe pfiffig voran zu treiben, bietet sich besser folgende Projektstruktur an:
Neben den politisch Beteiligten kommt auch der Verwaltung eine wichtige Aufgabe zu: sie ist verantwortlich dafür, dass Produktivitätssteigerungen, etwa durch neue Technologien zur Unterhaltung von Einrichtungen, erkannt und genutzt werden. Wenn auch die Wirkung solcher Maßnahmen eher im unteren einstelligen Prozentbereich liegen sollte, liefern diese einen langfristig wirksamen Beitrag zur Konsolidierung und schärfen gleichzeitig das Bewusstsein innerhalb der Mannschaft.
Schlüssel: ganzheitliche Sicht und Verantwortung
Es ist offensichtlich, dass die ganzheitliche Sicht auf die Konsolidierung eine besondere Bedeutung hat. Wird nur Wert auf einen Teilbereich dieses Projekts gelegt, erschließt man sich wesentliche Chancen zur Strukturänderung nicht und programmiert gleichzeitig zusätzliche Reibungsverluste, da wichtige Zielgruppen im Prozess nicht einbezogen werden. Umso wichtiger ist die Auswahl und Ernennung eines Projektleiters hierfür, der vielleicht weniger Erfahrung mit dem Thema und dafür mehr Kreativität und Einfühlungsvermögen mitbringen sollte. Zu beachten ist dabei, dass es diesen Projektleiter geben muss, der die organisatorischen Fäden in der Hand hält. Leider keine Selbstverständlichkeit bei derartigen Projekten, die oft genug nicht mit personeller Verantwortung an der Spitze ausgestattet werden.
Werden die üblichen Verdächtigen zur Leitung eines solchen Projekts engagiert, besteht die Gefahr, dass man auch nur auf die üblichen Lösungen kommt. Die scheinen diesmal nicht zu reichen. Deshalb braucht man die Erfahrung der alten Hasen ebenso wie die Naivität des Unerfahrenen, um große Schritte machen zu können.
Ihr
Holger Zimmermann
Projektmensch.
Das habe ich aus dem Blickwinkel noch gar nicht gesehen. Die Perspektive ist auf jeden Fall interessant. Da haben wir letztens noch im Büro drüber gesprochen.