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Gute Projektleiter sind Täter. Nicht Opfer.

Wenn keiner macht, was einer will, dann legen gute Projektleiter erst so richtig los. Projektleitung ist Führen ohne Macht.

Wenn keiner macht, was einer will, dann legen gute Projektleiter erst so richtig los. Projektleitung ist Führen ohne Macht.

Sätze wie: „Mein Chef hat mir das noch nicht gegeben!“ oder „Da kann ich nichts machen. Da ist das Marketing zuständig.“ kennen Sie sicherlich auch? Dann hoffe ich, dass Sie diese nicht von einem Projektleiter gehört haben. Denn gute Projektleiter sind Täter (im positiven Wortsinne), nehmen Einfluss, versuchen einzuwirken, auch wenn es auf das erste Mal nicht gleich klappt. Und genau dazu werden Projektleiter benötigt. Wo bereits alles geregelt ist, wo andere „zuständig“ sind, braucht es keine Projektleiter. Nur wo die Dinge unklar sind, nicht organisiert, muss diese Rolle besetzt werden.

Projektmanagement ist Einwirken auf Menschen

Projektleiter haben meist keine (formale) Macht. Insofern ist auf den ersten Blick nachvollziehbar, dass manch einer sich nicht in der Lage fühlt, ein Ergebnis zu erwirken. Dann wünscht sich der Projektleiter, dass er der Vorgesetzte der Projektbeteiligten wäre und einfach „durchregieren“ könnte. Ein frommer Wunsch ist das spätestens dann, wenn seine „Untertanen“ auf Lieferanten zugreifen, die wieder nicht im eigenen Machtbereich sind. Allerspätestens an diesem Punkt endet der eigene Kommandobereich und man steht wieder vor der Frage, wie man jemanden dazu bringt, dass er etwas tut, ohne Macht über ihn zu haben. (Ganz abgesehen davon, dass zu viel Macht gefährlich sein kann. Siehe u.a. beim Stanford Prison Experiment sowie beim Milgram-Experiment.)

Wer Projektmanagement als „Einwirken auf Menschen“ betrachtet, tut sich leichter, mit dieser Machtlosigkeit klar zu kommen. Ja, es ist richtig, dass ich als Projektleiter auf Menschen stoße, denen ich keine Befehle erteilen kann. Das ist jedoch kein Grund dafür, dass ein Projekt nicht weiter voran kommt. Befehle und Anweisungen, Regeln und Zuständigkeit sind nicht die einzigen Mittel, um Menschen zur Mitarbeit zu bringen. Gute Projektleiter sind Täter, nicht Opfer. Sie versuchen die Dinge aktiv zu treiben zu beeinflussen.

Einwirken hat in diesem Verständnis etwas damit zu tun, dass ich gerade trotz meiner Machtlosigkeit versuche, etwas in Gang zu bringen. Dazu hilft es, mein Gegenüber zu verstehen, mit all seinen Bedürfnissen und Rahmenbedingungen. Dazu muss ich beobachten, versuchen zu verstehen und zu erkennen. (Das Magazin brandeins hat diesem Thema einen ganzen Schwerpunkt gewidmet.) Wenn ich erkannt und verstanden habe, was mein Gegenüber bewegt, kann ich einen Weg vorschlagen, der dessen Bedürfnissen Rechnung trägt.

Wenn ich jemanden um die Erledigung einer Aufgabe bitte und er erledigt sie wortlos, muss ich anders reagieren, als wenn er mit der Frage „Warum sollte ich das tun?“ antwortet. Letztere Reaktion muss ein Projektleiter wohl als den Normalfall annehmen, wenn man bedenkt, wie viel viele Leute um die Ohren haben. Nur sich abhalten lassen darf sich ein Projektleiter davon nicht. Wobei leider viele Projektleiter bereits an dieser Stelle die Flügel strecken und auf höhere Instanzen verweisen, die nun einschreiten sollen, um Anweisungen zu erteilen. Dann macht es sich ein Projektleiter allerdings zu leicht.

Wenn mein Chef mir etwas nicht von alleine gibt, beschaffe ich es mir

Dasselbe gilt, wenn es um den eigenen Vorgesetzten geht. Als Projektleiter habe ich die Verantwortung, das vereinbarte Projektergebnis selbstständig zu liefern. Das ist eine Beziehung auf Augenhöhe. Ich kann nicht annehmen, dass mein Vorgesetzter mein Projekt so gut kennt, wie der Projektleiter. Also ist es nötig meinem Chef klar zu machen, was ich als Projektleiter benötige, um mein Vorhaben erfolgreich zu machen. Gute Projektleiter definieren die Bedingungen, unter denen sie erfolgreich sein können. Sie erwarten nicht, dass andere das für sie tun. Um anderen etwas klar zu machen, sind Projektpläne eine gute Grundlage, da sie beispielsweise Engpässe visualisieren und so besser sichtbar machen. Wobei dasselbe für Lösungsvorschläge gilt.

Dieses Grundverständnis zieht sich über die gesamte Projektlaufzeit. Es beginnt mit dem Moment der Auftragsübergabe und endet mit der Rückmeldung der Erfahrungen aus dem Projektverlauf. Wo unterwegs Eingriffe durch den Vorgesetzten nötig sind, schlägt der Projektleiter vor, wie der Auftraggeber sich entscheiden soll. Wo andere nicht mitarbeiten, spricht er den Konflikt an, versucht die echten Gründe zu verstehen und Lösungen anzubieten, die allen Konfliktparteien dienen. Er versucht Wege sichtbar zu machen, die alle gehen können. Er treibt das Projekt, ob mit Macht oder ohne. Immer im Wissen, dass man auf Menschen einwirken kann, ohne formale Macht zu haben und ohne deren Bedürfnisse missachten zu müssen.

Solche Täter-Projektleiter wünsche ich mir mehr. In vielen Projekten würde eine solche Haltung genügen, um Projekte nicht im Sande verlaufen zu lassen. Wenn Sie also das nächste Mal hören „Da kann ich nichts machen. Da ist das Marketing zuständig!“, dann rufen Sie bitte ganz laut „Gute Projektleiter sind Täter, nicht Opfer!“

Ihr
Holger Zimmermann
Projektmensch


Siehe hierzu auch:


In der Illustration verwendet: Leah’s Dudes/ Graffletopia

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