Projektmanagement ist Sache des Top-Managements

„Mit unserem Projektmanagement stimmt etwas nicht! Trainieren Sie mal die Projektleiter!“ Ein vermeintlich logischer Schluss, denn schließlich haben die Projektleiter eine wesentliche Rolle in allen Projekten. Allerdings kann stundenlange Mühe eines ganzen Projektteams durch eine unbedachte Handlung aus der Führungsetage wertlos werden. Wenn etwa auf die Einhaltung eines Zwischentermins gepocht wird, anstatt bei der Durchführung von Kompensationsmaßnahmen zu unterstützen. Es sind oft vermeintliche Kleinigkeiten, die große Wirkung haben. Deshalb sollte das Top-Management unbedingt das eigene Verhalten überprüfen, wenn mit dem Projektmanagement etwas nicht zu stimmen scheint.

„Herzlichen Glückwunsch! Sie sind nun Projektleiter.“

Es sind vermeintlich banale Dinge, die über das Wohl und Wehe von Projekten entscheiden. Etwa der Projektauftrag, der häufig mündlich überbracht wird. Ein potenzieller Projektleiter trifft seinen Boss im Aufzug. „Gut dass ich Sie treffe“, beginnt der Chef das Gespräch, „Wir haben da soeben über das Thema XY diskutiert. Kümmern Sie sich doch bitte!“ Wobei der Boss mit diesen Worten den Aufzug verlässt. „Herzlichen Glückwunsch!“ will ich an dieser Stelle rufen, schließlich wurde der Mitfahrer im Aufzug gerade tatsächlich zum Projektleiter ernannt. Bleibt nur die Frage, wofür genau.

Nun hängt es in der Tat vom frisch gekürten Projektleiter ab, wie gut das Fundament der Projektarbeit gebaut wird. Wird er erst nachfragen oder einfach loslegen? Wenn er einen Boss hat, der nur Antworten will und Fragen als Schwäche interpretiert, oder dies zumindest suggeriert, wird er wohl starten – mit irgendetwas. Er wird Annahmen treffen über den eigentlichen Gegenstand des Projekts und wird mit diesen Annahmen arbeiten. „Bloß keine Fragen stellen! Wir brauchen Lösungen! Lösungen!“

Mal ehrlich: für was genau braucht dieses Team eine Lösung? Es kommt durchaus vor, dass diese Frage bis zum Projektende unbeantwortet bleibt. Und wenn der Boss dann noch Angst hat, ein verfahrenes Projekt als verfahrenes Projekt anzuerkennen, wird er womöglich dem Vorstandsvorsitzenden den dabei entstandenen Nonsens als Erfolg verkaufen. Gleichzeitig ist er unzufrieden mit dem Projektleiter, dem Projektteam, ach, gleich mit seiner ganzen Mannschaft. „Mit unserem Projektmanagement stimmt etwas nicht! Trainieren Sie mal die Projektleiter!“

42 ist die Antwort auf alle Fragen

Douglas Adams hat diese Verhaltensweise zutreffend mit der Zahl „42“ persifliert. In seiner „Trilogie in sechs Bänden“, die mit „Per Anhalter durch die Galaxis“ beginnt, spuckt ein Supercomputer nach generationenüberspannender Rechenarbeit die Zahl „42“ als Ergebnis aus. Leider hatten die Auftraggeber zu diesem Zeitpunkt die Frage vergessen. Weshalb die Zahl „42“ nun die Antwort auf alle Fragen ist. Nun könnte man, wenn man Böses wollte, dem Projektleiter in diesem Beispiel durchaus empfehlen, „42“ als Ergebnis zu liefern. Das könnte er dem Auftraggeber noch bei sich schließender Aufzugstüre, durch den verbleibenden Schlitz, zurufen. Dann kommen direkt die „Lessons Learned“, die der Auftraggeber vom Projektteam einfordert und sich Kritik an seiner Rolle dabei jedoch verbittet. „Das ist Sache der Projektleitung! Schieben Sie die Schuld nicht auf das System!“

Bitte nicht falsch verstehen: ein wirklich guter Projektmanagement-Profi weiß um diese Punkte. Er wird den Auftraggeber dazu bringen, einen sauberen Auftrag freizugeben. Wir lehren diese Punkte bereits in unserem Grundlagenseminar. Warum aber diese unnötige Mühe? Das kostet Stunden Arbeit und mindestens zwei, drei Diskussionsrunden extra. Wäre sich der Boss in der Rolle des Auftraggebers bewusst, was er anrichtet, könnte er mit einer halben Stunden Investition viele Stunden Arbeit des Projektteams sparen. Und sich selbst einige korrigierende Eingriffe, die nicht nur mehr Zeit kosten, sondern immer unter der Flagge „Dringlich!“ bearbeitet werden müssen.

Kleinigkeiten sparen dem Top-Management viel Zeit und Ad-hoc-Einsätze

Doch der Nonsens ist mit dem Verlassen des Aufzugs leider oft nicht zu Ende. „Kommen Sie mir erst wieder, wenn Sie Lösungen haben!“ Also wird sofort inhaltlich gearbeitet, nicht über die Organisation nachgedacht. Das funktioniert zu Beginn noch, jedoch spätestens wenn es in die Umsetzung geht, zeigt sich, wer gut vorausgedacht hat. Wo Auftraggeber auffordern über das Vorgehen und die Organisation der Zusammenarbeit nachzudenken, gibt es deutlich weniger überraschende Kapazitätsengpässe, als an anderer Stelle. Ganz abgesehen davon, dass das die Zusammenarbeit mit dem Projektteam für den Boss planbarer wird. Was auf seiner Seite weniger Umplanung sowie Ad-hoc-Aktionen nötig macht und damit entspannteres Arbeiten bedeutet. Für alle Beteiligten inklusive Sekretariat.

„Mit unserem Projektmanagement stimmt etwas nicht! Trainieren Sie das Top-Management!“ Das würde viele Trainingsstunden an anderer Stelle sparen, das würde viele Diskussionsrunden sparen, das würde viele Verzögerungen sparen. Wenn Sie also aus dem Top-Management sind und das hier lesen, rufen Sie bitte an (+49 7451 557090). Ich würde Ihnen so gerne ein paar einfache Kniffe mitgeben, die das Leben Ihrer Projektleiter leichter machen – und Ihres. Und ja: gute Projektleiter brauchen Sie trotzdem, aber die können sich dann auf die Anwendung ihres Wissens konzentrieren und darauf, Ihnen das zu liefern, was Sie quasi bestellt haben.

Ihr
Holger Zimmermann
Projektmensch

P.S: Als weitere Lektüre empfehle ich Ihnen „Bitte hört auf Termine einzuhalten!“ (Projektmensch-Blog) Das geht dann das Top-Management, die Kunden als Abnehmer eines Projekts wie auch die Projektleiter an.


Foto: Auris/ istockphoto

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2 Kommentare bei „Projektmanagement ist Sache des Top-Managements“

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