Delegieren. Schlüsselkunst.

Keine Zeit zu delegieren? Schade. Für Sie. Für Ihre Mitarbeiter. Für Ihr Projekt.

In wie vielen Ratgebern ist zu lesen, man solle mehr „delegieren“, Aufgaben abgeben. Und das ist auch richtig, will man nicht zum Flaschenhals für das Projektteam werden. Um dann mit dem Projekt baden zu gehen.

Aber wie man delegiert, das wird seltener verraten. Und mal ehrlich: wie viele Menschen kennen Sie, die wirklich gut delegieren können? Delegieren ist eine Kunst. Sie hat viel mit der Einstellung des Chefs zu tun, der abgeben will (und sollte). Aber auch mit dem Umfeld; besser: mit der Akzeptanz durch das Umfeld. Außerdem mit dem Vertrauen zum Mitarbeiter und dessen Fähigkeiten. Und delegieren beginnt damit, die Aufgabe(n) zu kennen, die delegiert werden können.

Projektleiter: „Keiner hilft mir!“ // Mitarbeiter: „Was kann ich tun?“ // Projektleiter: „…?“

Wer delegieren will, muss die Aufgabe kennen

Fragen Sie die Projektleiter mal, die über zu viel Arbeit klagen, was Sie für diese tun können. Sie werden erstaunt sein, wie wenige darauf eine Antwort haben. Damit jedoch beginnt Delegieren: ich muss die Aufgabe kennen, die ich abgeben möchte. Und ich muss diese Aufgabe so klar beschrieben haben, dass mein Mitarbeiter damit klar kommt. Ein erfahrener Kollege braucht deshalb oft weniger Details, als eine neue Kraft im Team.

Diese Anforderung an Klarheit hat ganz praktische Auswirkungen. Etwa auf Ihre Aufschriebe. Je bewusster Sie dabei bereits ans Delegieren denken und entsprechend mitschreiben, desto leichter fällt das Abgeben später. Dasselbe gilt für Projektpläne. Die sollten so detailliert sein, dass Ihre Mitarbeiter mit den Tätigkeiten klar kommen, ohne unzählige Fragen klären zu müssen. In der Praxis wehren sich viele Projektleiter genau gegen diesen Grad der Detaillierung und bezahlen dafür mit Überstunden.

Gerade im Projektgeschäft hat das Delegieren noch eine Besonderheit, denn häufig wird Delegieren für Routine-Aufgaben empfohlen. Die gibt es im Projekt weniger. Was ebenfalls Auswirkungen auf die notwendige Klarheit und den Detaillierungsgrad hat.

Aufschriebe sowie Projektpläne müssen klar und detailliert genug sein.

Delegieren erfordert Zeit für Übergabe und Rücksprache

Mit einem guten Aufschriebe alleine mag es in einigen Situationen getan sein. Oft jedoch gibt es Erklärungsbedarf, weil etwas Hintergrundinformationen fehlen. Deshalb erfordert die Übergabe der Aufgaben an einen Mitarbeiter Zeit. Die muss im Kalender vorhanden sein, sonst wird das Delegieren zum Bumerang: die Aufgabe kommt just in dem Moment zurück auf den eigenen Schreibtisch, wenn es eng wird. Denn bis dahin hat der Mitarbeiter immer wieder versucht einen Termin zu bekommen. Am Ende streicht er (oder sie) die Segel. Zwangsläufig.

Wer delegieren will, muss Zeit dafür im Kalender reservieren. Zeit für sich selbst, um vorzubereiten, und Zeit mit den Mitarbeitern, um abzugeben, abzustimmen und Feedback zu liefern.

Ebenso braucht die Rücksprache Zeit im Kalender. Egal wie klar die Aufgabe formuliert ist, gerade wenn nicht nur abgearbeitet werden, sondern Probleme gelöst werden sollen, werden Entscheidungen fällig, die Verantwortung des Vorgesetzten sind. Ist hierfür Zeit vorhanden, hat der Mitarbeiter die Chance, gut voran zu kommen. Ganz abgesehen davon, dass Gespräche notwendig sind, um Feedback zu geben, sich abzustimmen, sich zu einigen. Je neuer ein Mitarbeiter im Team ist, desto mehr Anleitung braucht er. Das Ziel ist die vollständige Selbstständigkeit, weshalb Delegieren immer auch „Personalentwicklung“ ist (so wenig ich das Wort auch mag).

„Was ist ein Chef? Ein Chef ist jemand, der so viel Arbeit hat, dass er sie nicht alleine schafft. Deshalb braucht er Mitarbeiter, um seine Arbeit erledigen zu können.“ (1)

Das Umfeld wird Delegieren übrigens nicht immer gutheißen. „Fleiß“ ist oftmals ein wichtiger Wert im täglichen Handeln. Wer lange arbeitet, wird als erfolgreich angesehen. Was Unfug ist. Denn erfolgreich ist der Projektleiter, der sich selbst nicht zum Flaschenhals des Projekts macht und die ganze Mannschaft gut ins Spiel bringt. Und Projektmanagement ist ein Mannschaftsspiel.

Vertrauen ist Grundvoraussetzung

Nur wenn ich meinem Mitarbeiter vertraue, werde ich ihm bereitwillig auch komplizierte Angelegenheiten übergeben. Wobei klar ist, dass ich nicht gleich am ersten Tag im Projekt alles delegieren will. Vertrauensaufbau erfordert Zeit, wobei der Projektleiter, der Boss, diesen Aufbau gezielt steuern muss. Anfangs sind die Aufgaben klein, die Anzahl der Rücksprachen hoch, die Abstände eng. Schritt für Schritt werden Aufgaben und Abstände größer. Am Ende leitet der neue Mitarbeiter selbst Projekte und Sie (vielleicht) die ganze Firma.

Vertrauensaufbau braucht Zeit. Schritt für Schritt gilt es deshalb von ‚eng‘ nach ‚weit‘ zu führen.

Delegieren muss rechtzeitig geschehen

Wer bereits unter Druck steht, der tut sich schwer, Aufgaben zu delegieren. Es fehlt allein schon die Zeit, um darüber nachzudenken, was wem delegiert werden kann. Deshalb ist es wichtig, früh zu erkennen, was delegiert werden kann. Deshalb muss der Projektleiter sein Vorhaben früh durchdenken, um delegierbare Aufgaben zu erkennen und Zeit für das Delegieren zu haben. Erst gar keinen Druck entstehen zu lassen.

Wer Erfahrung hat, wird dafür auf bewährte Mittel zurückgreifen. Der Projektstrukturplan (PSP) liefert eine Übersicht der anstehenden Arbeitspakete und über ein Gantt-Diagramm oder eine Projektstruktur-Phasen-Matrix können diese auf der Zeitachse eingeordnet werden. Damit fällt es auch leicht zu erkennen, mit welchen Aufgaben das Delegieren im Projekt beginnen sollte.

Ein Projekt-Zeitplan sorgt dafür, dass Aufgabenpakete rechtzeitig delegiert werden können.

Dieser Aspekt wird bei der Projektplanung oft übersehen. Allerdings kommt spätestens jetzt ein großer Unterschied an die Oberfläche. Während in der Linienorganisation Delegieren meist mit Hierarchie einher geht, bedeutet Delegieren im Projekt in vielen Fällen „Delegieren ohne Macht“. In diesem Fall wird Delegieren zur Verhandlungssache: es gilt alle Aufgaben auf den Tisch zu legen und diese auf die Beteiligten zu verteilen. Am Ende steht ein Versprechen eines Kollegen im Raum, eine Aufgabe zu übernehmen. Ob mit oder ohne Macht, die hier genannten Spielregeln sind in beiden Fällen hilfreich.

Ihr
Holger Zimmermann
Projektmensch

P.S: Mehr zum Thema „Delegieren. Schlüsselkunst.“ gibt es auch als Vortrag.


Buchtipps zum Thema „Delegieren“

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3 Kommentare bei „Delegieren. Schlüsselkunst.“

  1. […] und Überwachen von Aufgaben und Mitarbeitern. Dazu möchte ich auf folgenden Blog verweisen: (https://blog.projektmensch.com/2013/02/05/delegieren-schlusselkunst/) Unter diesem Gesichtspunkt muss auch das Anforderungsprofil gelesen werden. Kenntnisse in IT und […]

  2. Danke für die Blumen! Und ja: Outsourcing ist definitiv ein Weg, um Aufgaben zu delegieren. 🙂

  3. toller artikel!
    abgeben muss gelernt sein. mir fällt es oftmals noch viel zu schwer -auch wenn ich mich mit der materie auskenne. vertrauen in die mitarbeiter und eine offene tür sind dabei ganz wichtig!
    wie sehen Sie es mit outsourcing?

    sonnige grüße aus berlin, S.E.

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