Mal so richtig was Außergewöhnliches schaffen

Kreativität, die dritte Dimension im Projektmanagement, schafft neue Lösungen

Da stehen sie nun an, die großen Herausforderungen, sei es die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle in Unternehmen oder die Haushaltssanierung bei Bund, Ländern und Gemeinden. Und welche Lösungen kommen zu Tage? Sie gehen oft nicht weit genug, reichen nicht. Wie aber schafft man wirklich Außergewöhnliches, wie kommt man auf neue Wege, neue Denkansätze? Ganz zu Anfang steht eine wichtige Entscheidung: man muss es wollen. Wer nicht wirklich will, nicht alle Konsequenzen zu tragen bereit ist, der muss sich gar nicht erst aufmachen. Der kann bei anderen abschreiben. Wer aber wirklich will, der muss „richtig“ vorgehen. Wobei „richtig“ so einfach nicht zu greifen ist. Es spielen so viele unterschiedliche Faktoren eine Rolle. Etwa die Struktur, die man der Aufgabe gibt. Wer zum Beispiel einen Projektstrukturplan nach bestehenden Abteilungen gliedert, der zementiert den Status Quo, der schafft nichts Neues.

Ganz zu Beginn steht die Frage nach dem Team, das die Aufgabe bewältigen soll: in der richtigen Zusammensetzung kann Gutes dabei herauskommen. Und dieses „Gute“ muss ebenso geschickt definiert sein, wie das Team gut aufgestellt.

Der Auftrag: über das Bestehende hinaus gehen

Ein Schlüssel dafür, dass eine kreative Leistung im Sinne einer neuartigen Lösung entsteht, ist der Auftrag, den man einem Team erteilt. Wenn der lautet „Zeigen Sie uns Einsparmöglichkeiten!“ oder „Finden Sie mal raus, was man da rausholen kann!“, dann wird nichts Spannendes herauskommen. Schon der Auftrag muss so übergeben werden, dass eine Lösung nicht offensichtlich ist, dass man Nachdenken muss. Etwa bei der Haushaltskonsolidierung „Entwickeln Sie für unsere Kindergärten (Feuerwehr, Bürgerbüros, Baugebiete, …) ein Modell, wie man mit 30% geringerem Aufwand eine für den Bürger bessere Leistung erbringen kann.“

Oder bei der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle: „Entwerfen Sie ein Geschäftsmodell, das in seiner gesamten Zusammensetzung die Regeln unserer gesamten Branche auf den Kopf stellt, ausschließlich mit bereits vorhanden Produkten auskommt und dazu taugt, in zehn Jahren unser gesamtes Unternehmen zu finanzieren!“ Der Auftrag muss klar und deutlich machen, dass es etwas zu schaffen gilt, was es bisher nicht gab und was vielleicht erst heute – vielleicht aufgrund des technischen Fortschritts – möglich ist. (Manchmal denke ich, je unmöglicher die Aufgabe scheint, desto besser sind die Lösungen. Sofern man anerkennt, dass es nicht leicht ist und sich der vollen Herausforderung stellt.)

Widerstand oder „Die Formel für Veränderung“

„Das geht nicht!“ oder „Wir haben das schon so oft versucht, das klappt nicht!“ sind die mildesten Antworten, die Sie zu hören bekommen. Gut so, denn „Kreativität braucht Widerstand“ (Frank Pompé). Jetzt haben Sie drei Stellschrauben in der Hand, um den Widerstand zu überwinden:

Druck x Vision x Können > Widerstand

Der Druck steht dafür, dass Sie unmissverständlich – durch Taten, nicht nur durch Worte – deutlich machen, dass dies der einzig gangbare Weg sein wird. Aber selbst bei hohem Druck geht die Gleichung nicht auf, solange die anderen beiden Komponenten Null sind. Sie brauchen auch eine Vision, einen lohnenswerten Zustand in der Zukunft, den anzustreben es sich lohnt. Und die Menschen, die die Veränderung bewältigen müssen, müssen in der Lage sein – im Sinne von Fertigkeiten und Freiraum – dies zu schaffen (vgl. Klaus Doppler, Unternehmenswandel gegen Widerstände: Change Management mit den Menschen, 2002, S.105f.).

Die Fertig- und Fähigkeiten kann man durch Schulungen weiterentwickeln oder indem man Experten bereitstellt. Der Freiraum liegt vor allem in der Hand des Auftraggebers. Manchmal lohnt es sich deshalb ein solches Vorhaben ganz bewusst außerhalb bestehender Strukturen umzusetzen, das Projektteam aus dem Unternehmen oder der Institution herauszulösen. Wobei nicht nur das Projektteam im Fokus steht, sondern auch diejenigen, die vom Ergebnis der Arbeit betroffen sind und ausbaden müssen, was vielleicht sogar andere sich ausgedacht haben.

Moderator, Experte 1 (Engel), Experte 2 (Anwalt des Teufels) und Dumme-Fragen-Steller

Spätestens jetzt gilt es, sich Gedanken über die Personen zu machen, die das Ergebnis entwickeln sollen. Beauftragt man die Personen mit dieser Aufgabe, die bisher bereits dafür verantwortlich waren, werden diese höchstwahrscheinlich bestehende Strukturen verteidigen. Logisch, schließlich haben sie sie entwickelt. Außerdem sind sie in das Beziehungsgeflecht vor Ort eingebunden und können andere Personen nicht so leicht vor den Kopf stoßen, denn dann stünden eventuell gute Beziehungen auf dem Spiel. Trotzdem sind gerade diese Personen wertvoll, da sie Detailkenntnis und Expertenwissen haben. Ich möchte diese Personen mal „Experte 1“ oder „Engel“ nennen.

Wo ein Engel ist, darf der Teufel – oder in diesem Fall dessen Anwalt nicht fehlen. Als Gegenpart eignet sich ein weiterer Experte (Experte Nr. 2), der Contra geben und andere Sichtweisen aus anderen Anwendungsfällen beisteuern kann. Der vielleicht auch bisher unbekannte Quellen und Auslegungen einbringt und bestehende Auslegungen relativiert. Dieser Teufelsanwalt sollte bewusst außerhalb der Strukturen stehen und nicht in das Beziehungsgeflecht eingebunden sein, damit er frei aufspielen kann. Was er auch soll.

Damit sich die beiden nicht die Köpfe einhauen und es nur noch darum geht, wer Recht hat und wer nicht, ist eine dritte Partei nötig: der Moderator hat dafür zu sorgen, dass der Prozess gut strukturiert ist und damit die Diskussionen systematisch und in sinnvoller Abfolge verlaufen. Der Moderator ist für die richtigen Fragen zum richtigen Zeitpunkt verantwortlich, ebenso wie für Leitung und Visualisierung der Gespräche. Neben der Prozesssicht steuert er die Kommunikation, so dass die Botschaften so beim Empfänger ankommen, wie sie der Sender gedacht hat. Der Moderator sollte sich in die Sache nicht einmischen, vielleicht Impulse liefern und Vorschläge machen, mehr aber auch nicht. Er muss vor allem methodisch fit sein.

Als vierte Partei in einem solchen System bietet sich der „Dumme-Fragen-Steller“ an. Was nicht abwertend gemeint sein soll, im Gegenteil: es geht um eine Person oder einen Personenkreis, der nicht Experte für die Aufgabenstellung ist, der jedoch bereit ist, sich in diese hinein zu denken, sich damit intensiv auseinander zu setzen. Diese Person sollte möglichst viele Fragen stellen, den Prozess durch neue Gedanken und Hinterfragen des Status Quo immer wieder stören. Diese Person kann Anregungen aus anderen Branchen „leihen“ oder einfach nur ihre Kundensicht einbringen. Sie sorgt dafür, dass das Ergebnis „gut“ aus Sicht der Nutzer wird und dass das Projektteam nicht im Bestehenden verharrt. Denn oft ist „gut“ einfacher als man denkt, wenn man es schafft, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.

Ich gebe zu, der Text hier vereinfacht sehr stark. Allerdings ist er ein Anfang und ein Ansatz, über den nachzudenken sich für alle lohnt, die vor einer solchen Aufgabe stehen. Versprochen.

Ihr
Holger Zimmermann
Projektmensch.


Weitere Quellen:

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Ein Kommentar bei „Mal so richtig was Außergewöhnliches schaffen“

  1. Hallo Holger,

    danke für die Denkanstöße. Manchmal ist man selbst zu sehr Engel und schaut nicht über den Tellerrand der bekannten Suppe hinaus. Dabei gibt es doch andere Suppen, die auch gut schmecken, vielleicht sogar besser. Man vergisst es nur manchmal. Da kommen solche Anregungen gerade richtig.

    Gruß

    Holger

    P.S. Meine Antwort zur Öko-City steht noch aus, und sie dauert auch noch etwas, aber sie kommt. Versprochen.

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